Medizin erklärt: In der Röhre – CT oder MRT | Radiologe Dr. med. Martin Simon
Was ist was und wann brauchen wir es? Eine Orientierungshilfe für Patienten
„Doch, ja, ich war schon mal in der Röhre.“ Ein Satz, den man häufig hört im Anamnesegespräch oder bei der Terminvergabe. „Die Röhre“, ein häufig gebrauchtes Synonym im Alltag für … ja, für was eigentlich? CT oder MRT? Gemeint ist immer eine dieser beiden sog. Schnittbilduntersuchungen. Aber ob man sich als Patient immer genau erinnert, was schon einmal wo gemacht wurde und ob man auch alle Unterlagen aufbewahrt hat? Was häufig hilft im Gespräch, ist der direkte Vergleich: das CT (Computertomographie) ist die „kurze Röhre“, das MRT (Kernspin / Magnetresonanztomographie) ist die „lange Röhre“.
MRT – Kernspintomographie
Der Begriff „lange Röhre“ hält jedoch unnötig an dem Vorurteil fest, das Kernspin sei riesig, eng und dunkel. Die Kernspintomographie arbeitet mit Magnetwellen und kommt völlig ohne Röntgenstrahlen aus. Dieser technische Fortschritt kommt jedoch nicht ohne Physik aus. Der Patient wird zur Untersuchung im Gerät gelagert und um die zu untersuchende Region (z.B. das Knie oder der Kopf) werden Messspulen gesetzt, die zur Erstellung der hochauflösenden und detaillierten Bilder nötig sind. Ganz frei liegt man also nicht, aber nicht für alle Untersuchungen muss der Patient vollständig in „der Röhre“ gelagert werden. Moderne Bauweisen ermöglichen Untersuchungen in wesentlich kürzeren und offeneren Geräten, so dass ein freierer Blick in beide Richtungen möglich ist.
Was kann die MRT untersuchen? Es gibt Kernspinaufnahmen des gesamten Körpers, die sog. Ganzkörperkernspintomographie für spezielle Fragestellungen. Meist erfolgt jedoch die gezielte Untersuchung eines Gelenkes, eines Organes oder einer bestimmten anatomischen Region wie z.B. des Halses. Ein großer Vorteil der Kernspintomographie liegt darin, verschiedene Gewebestrukturen detailliert und in verschiedenen Ebenen darzustellen. Bei Untersuchungen von Gelenken können so auch kleine Knorpelschäden oder Bandstrukturen erkannt werden. Ebenso können Veränderungen der Muskulatur und Sehnen genau diagnostiziert werden. Auch die Untersuchung der Wirbelsäule, des Rückenmarks und des Gehirns ist eine Domäne der Kernspintomographie und ermöglicht eine differenzierte Darstellung auch feiner Hirnstrukturen und der Hirngefäße. Ebenso ist eine umfangreiche Diagnostik der verschiedenen Bauch- und Beckenorgane möglich; selbst eine präzise Diagnostik des Dünndarmes (MRT Sellink) kann durchgeführt werden.
Eine Besonderheit ist die Darstellung auch bewegter Strukturen. So schafft es die sog. Cardio-MRT das schlagende Herz darzustellen und Veränderungen der Herzmuskulatur und seiner Durchblutung zu erkennen. Trotz der technischen Fortschritte und immer hochauflösenderer Bilder ist auch für die Kernspintomographie die Gabe von Kontrastmittel (über eine Vene) oftmals nötig, um die jeweilige Fragestellung dezidiert zu beantworten und die Diagnose so einzugrenzen, dass anhand des Untersuchungsergebnisses eine klare Weiterbehandlung möglich ist. Ob und in welchem Umfang ein Kontrastmittel gegeben werden muss, prüft der Radiologe fallbezogen. Die Liegezeit im Kernspintomographen / MRT beträgt etwa 10 – 25 Minuten, je nach untersuchter Region. Patienten mit Implantaten wie beispielsweise Herzschrittmachern können nicht immer im MRT untersucht werden. Bei der Terminvereinbarung sollte also der zugehörige Implantatsausweis vorliegen.
CT – Computertomographie
Wozu braucht es noch das CT, die „kurze Röhre“, bei so viel Fortschritt in der Kernspintomographie? Auch die Computertomographie behält ihren Stellenwert in der modernen Diagnostik. Die CT ist die modernste Form der Röntgenuntersuchung und ermöglicht ebenfalls hochauflösende und dreidimensionale Bilder, auch größerer Körperabschnitte und dies bei wesentlich kürzerer Untersuchungszeit: in der Regel beträgt die Liegezeit im Gerät weniger als 5 Minuten.
Die CT ist somit insbesondere für Notfalluntersuchungen geeignet, beispielsweise zum Ausschluss von Blutungen. Aber nicht nur dort. Eine Domäne der Computertomographie ist die Lungendiagnostik. Die CT ermöglicht hier eine detaillierte Darstellung des Lungengewebes und seiner feinen Strukturen. Auch ist es bei verschiedenen Fragestellungen zur Untersuchung des Bauchraumes angezeigt, eine Computertomographie durchzuführen, beispielsweise beim sog. Tumorstaging; hier können in einer Untersuchung die Lunge und der gesamte Bauchraum erfasst werden.
Überall dort, wo eine klassische Röntgenuntersuchung des Knochens nicht ausreicht um eine Fraktur (Knochenbruch) so darzustellen, dass die Therapie entsprechend geplant werden kann, kommt auch hier Computertomographie zum Einsatz. Insbesondere bei der Planung von Operationen und auch nach erfolgten Operationen ist die Computertomographie eine wichtige Methode. Neben der Cardio-MRT leistet auch die Computertomographie einen wichtigen Beitrag zur Herzdiagnostik und ermöglicht eine Darstellung der Herzkranzgefäße. Auch die Computertomographie kommt häufig nicht ohne Kontrastmittel aus. Wie bei der Kernspintomographie wird der Radiologe die Indikation zur Kontrastmittelgabe und zur Untersuchung selbst individuell prüfen. Insbesondere der verantwortungsvolle Umgang mit Röntgenstrahlung, mit der die CT-Untersuchung methodisch bedingt arbeitet, steht im Fokus. Wie bei jeder Röntgenuntersuchung nehmen sowohl der behandelnde Arzt als auch der Radiologe selbstverständlich eine Abwägung von Nutzen und Risiko vor und beraten den Patienten bei allen Fragen zu diesem Thema.
Neben der reinen Diagnostik unterstützen beide Methoden verschiedene diagnostische und therapeutische Eingriffe. Hierzu gehören sowohl die gezielte Schmerztherapie der Wirbelsäule (sog. PRT im CT) als auch die bildgestützte Biopsie (Gewebeentnahme) oder die Markierung von Tumoren vor Operationen, entweder mittels Computertomographie oder auch in der MRT, wie dies beispielsweise bei bestimmten Tumoren der Brust der Fall ist.
Eine weitere Methode ist die MR-Athrographie, bei der bildgesteuert ein Kontrastmittel direkt in das Gelenk eingebracht wird und so die ohnehin hohe Auflösung bei der Gelenk- und Bänderdiagnostik noch verbessert. Beide Methoden – die „kurze“ (CT) und die „lange“ (MRT) Röhre – haben ihren individuellen Stellenwert in der modernen Diagnostik. Um Verwechslungen und insbesondere unnötige Doppeluntersuchungen zu vermeiden, sollte jeder Patient auch für sich – und trotz der selbstverständlichen Dokumentation beim Arzt – notieren, welche Untersuchung wann und wo erfolgte und die Aufnahmen und Befunde aufheben.
Im ÄrzteNetz Hamburg finden sich insgesamt 16 radiologische Mitgliedspraxen. Eine Übersicht findet sich hier auf der Homepage im „Patientenbereich“, weitere Auskünfte erteilt die Geschäftsstelle. Alle Radiologinnen und Radiologen des ÄrzteNetzes Hamburg stehen ihren Patienten und den Ärzten der weiteren Mitgliedspraxen bei der Auswahl der richtigen „Röhre“ selbstverständlich beratend zur Verfügung.
Dr. med. Martin Simon
Facharzt für Radiologie, stellv. Geschäftsführer der Radiologischen Allianz und Vorstandsmitglied im ÄrzteNetz Hamburg